Sonntag, 18. Oktober 2015

Alltag im Projekt und erlebnisreiche Wochenenden

Mittwoch, 14. Oktober

Jeden Tag um 6:30 Uhr aufstehen. Wirklich jeden Tag unter der Woche.
Wer mich ein bisschen kennt weiß, dass das ziemlich hart für mich ist. Wenn ich mich dann aber tatsächlich aus meinem Bett gequält habe, höre ich schon die Stimmen der fleißig putzenden und fröhlichen Kinder und es lohnt sich aufzustehen.
Kaum mache ich meine Tür auf werde ich mit "Buen día tía Eva" begrüßt, auch wenn ich wegen meiner Zahnspange(von der die Kinder übrigens ziemlich fasziniert sind) noch nicht antworten kann. So lerne ich tatsächlich am besten Spanisch; morgens um kurz vor 7, kurz vor dem gemeinsamen alltäglichen Frühstück.
Beim Frühstück dann bin ich damit beschäftigt den drei kleinen Miguel, Armando und Sheyli, mit denen ich am Tisch sitze, alle 2 Minuten zu sagen sie sollen sich doch bitte richtig hinsetzen, und Jonathan (12 Jahre) davon abzuhalten Blödsinn zu machen oder mich ohne Unterlass zu ärgern.
Danach folgt gemeinsames Zähneputzen und anschließend meistens um halb 8 das erste Fußballspiel des Tages. Jedes einzelne der Kinder hier liebt es Fußball zu spielen, was mir natürlich ziemlich gelegen kommt.
Um 8:30 Uhr fängt hier die Schule an und bis 12 Uhr, zu dieser Zeit kommt Armando aus dem Kínder(entspricht der Vorschule), beschäftige ich mich meist mit Lesen, Musik oder Hörbuch hören, manchmal auch damit die Sonne zu genießen und meinen Gedanken nachzuhängen.
Ab 12 Uhr wird dann mit Armando Ball gespielt oder irgendein Blödsinn gemacht. Meist ziemlich hungrig erwarte ich die anderen Kinder sehnsüchtig, die um 13:30 Uhr Schule aus haben.
Wenn nun alle da sind, waschen alle Kinder ihre Socken und danach gibt es endlich Essen, was meist ziemlich lecker ist und hauptsächlich aus Reis, Kartoffeln und Fleisch besteht.
Kurz bleibt uns Zeit ein wenig zu spielen oder uns ein wenig zurückzuziehen, anschließend werden ab 3 Uhr die Hausaufgaben gemacht. Ich kümmere mich hierbei um die kleinsten und mache mit ihnen Schreib-und Rechenübungen, male oder lese mit ihnen. Meistens ist das eine ziemlich langwierige Angelegenheit, da die Kinder hier teilweise, hauptsächlich die kleinsten, echte Probleme mit den einfachsten Übungen haben und somit auch einfach keine Lust auf Hausaufgaben haben.
Wenn wir dann endlich mit den Aufgaben fertig sind, manchmal tatsächlich erst um 6 Uhr, wird das nächste Fußballspiel des Tages ausgetragen. Tío Eddy und ich mischen immer fleißig mit, da es meistens Mädchen gegen Buben heißt. Hierbei toben sich die Kinder so richtig aus und schrecken auch vor keinem Foul zurück, über das dann meistens trotzdem hinweg gesehen wird. So habe ich auch keine andere Chance, als mich richtig anzustrengen und unsportlich werde ich, so glaube ich, nicht zurückkommen.
Anschließend wird zum gemeinsamen Abendessen gerufen und nach dem Tischgebet, wie vor jedem Essen, wird reingehauen. Ich weiß nicht wie die Kinder das machen, aber sie haben danach immer noch genug Energie Seil zu springen, mit meiner Kamera durch die Gegend zu rennen oder Fern zu sehen. Ich jedoch falle meist schon um halb 9 Uhr todmüde in mein Bett, mit dem Gedanken am nächsten Tag schon wieder um 6:30 Uhr aufstehen zu müssen.

Somit werden die Tage in La Paz natürlich um so mehr genutzt um lange wach zu bleiben und auszuschlafen, wenn wir nicht ein weiteres Mal mit unserem Visum beschäftigt sind.
Wir haben schon einiges erlebt: So waren wir zum Beispiel schon auf einem Reggaekonzert, in verschiedenen Bars und Clubs. Tatsächlich sind wir auch schon auf einer bolivianischen Hochzeit gelandet, auf der viel getanzt und getrunken wurde.
Nachdem wir abends weg waren, schläft fast immer mindestens eine Person auf unserem Sofa und somit werden wir teilweise schon die HostelWG genannt.
Sonntags habe ich es nun auch schon zweimal auf die fería, einen riesengroßen und total unübersichtlichen Markt, geschafft, auf dem man laut den Einheimischen ALLES kaufen kann, dem Gerücht zufolge sogar Kinder.
Das letzte Wochenende, haben wir, Lorena, Leonie und Chrissi, hier in Uypaca verbracht, was auch eine wirklich schöne Erfahrung war. Wir waren wandern und haben so den wunderschönen Blick auf La Paz und die umliegende Natur genießen dürfen, haben gemeinsam gekocht, gelacht und viel erzählt.
Das alles klingt alles total super und toll, was es im Großen und Ganzen auch wirklich ist, kleine Schwierigkeiten oder Probleme gibt es aber natürlich auch.
So ist die Geschichte mancher Kinder hier im Internat echt bewegend. Zwei Mädchen wohnen hier zum Beispiel, deren Mutter im Sterben liegt und deren Vater noch sehr jung und so nicht wirklich in der Lage ist, sich richtig um die beiden und deren kleinen Bruder zu kümmern. Ein anderer sehr bewegender Fakt ist, dass der Vater von Jonathan diesen am Wochenende nicht sehen will, sondern ihm einfach Geld für ein Hotel zusteckt. Einem 12-jährigen Jungen! Um so glücklicher bin ich, diese Kinder hier ein kleines bisschen fröhlicher zu machen und ihnen zu zeigen, dass sie geliebt werden.
Auch in La Paz kommen in letzter Zeit ein paar kleine Probleme auf, so möchte meine jetzige Vermieterin ziemlich viel Geld dafür, dass ich nur am Wochenende dort bin. So steht mir wahrscheinlich in nächster Zeit ein Umzug bevor, zumindest was die Wochenenden betrifft.
Aber trotz allem ist der erste Monat schon eine superschöne Zeit gewesen, in der ich schon viele Eindrücke und Erfahrungen sammeln durfte und so freue ich mich um so mehr auf 11 weitere Monate hier in Bolivien.